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Der Alltag

Strassentunnel Gotthard

Die tiefe Nacht, der Samstag ist da und mein zynisches Ich zerrt mich aus dem Bett – mach schon, die Schule wartet! Ich stehe schon auf, aber eine sehr wichtige Sache von Anfang an: Heute gehen wir nicht in die Schule, sondern machen mit der Schule einen Ausflug. Denn wenn wir wirklich Unterricht haben, muss ich mein zynisches Ich aus dem Bett zerren und es geht sicher nicht so schnell. Im Gegenteil. Mein zynisches Ich hört aber nicht zu und freut sich auf heutigen Tag. Das kann ich verstehen, heute werden wir wieder ein Blick hinter die Kulissen unseres Berufes werfen – wir besuchen Strassentunnel Gotthard – für mich ganz klar der Phänomen der Schweizer Strassennetzes. Noch schnell Kaffee auf der Tankstelle holen und das Abenteuer kann anfangen! Einige Kilometer liegen von mir, der Zielort ist das Werkhof in Göschenen. Auf den Strassen ist schon einiges los, die Strassenmitarbeiter salzen, der Winter kommt langsam, viele Menschen fahren nur durch die Schweiz. Je näher ich meinem Ziel entgegen komme, umso mehr tauchen für mich bekannte Bilder und Erinnerungen auf. Ob ich auch mit dem LKW den Tunnel Gotthard gefahren bin? Mein zynisches Ich ist fast beleidigt: Was für eine Frage? Den Gotthard – Tunnel habe ich zum ersten Mal mit meinem Dragon gefahren und habe den Leuten im Tessin das Essen gebracht. Das nächste Mal waren es die Leitplanken, mit 4 LKW‘s voll geladen haben wir das Material nach Airolo transportiert. Mein jetziger Chef fährt ebenfalls den Gotthard, obwohl auf eine andere Art und Weise – er lässt sich einfach fahren, mit der Bahn. Die Strassen, der Tunnel, gesamter Verkehr und wir Chauffeuren schlussendlich auch werden damit entlastet.Ich fahre weiter und ein aus der Autobahn abbiegender LKW holt mich aus meinen Gedanken – wir sind im Erstfeld – einem Ort, wo die LKW kontrolliert werden. Die Fahrt durch den Tunnel fängt schon lange vorher an – bei der Organisation, Disposition, Betriebssicherheit des Fahrzeuges, Ladungssicherung. Auf grossem Parkplatz wird alles von der Polizei überwacht. Bei mir war das Blendlicht ausser Gefecht, die schicken Hände der Männerwelt haben mich aus der Patsche rausgeholt. Nach 200 Km Strecke und guter 2.5 Stunden Fahrt voller Erinnerungen komme ich nach Werkhof Göschenen an. Der Herbst zeigt sich in voller Macht – es regnet, starker Wind weht. Aber gute Laune und das prima Gefühl, mal am Samstag nicht in der Schule sitzen zu müssen, lässt alles vergessen.Eine Klasse ganz gespannt auf das Thema Gotthard – Strassentunnel. Stolze 16 942 Meter verbindet Göschenen im Kanton Uri mit Airolo im Kanton Tessin. Er ist der viertlängste Strassentunnel der Welt und längste Strassentunnel in der Alpen. Seine Bau dauerte zehn Jahre und die Eröffnung fand am 5. September 1980 statt. Er teil zwei Kantone und zwei Sprachen – Uri und Tessin, deutsch und italienisch. Wir werden freundlich von der Mannschaft der Schadenwehr Gotthard begrüsst, die es seit 2008 gibt. Unsere Schulung kann anfangen – die Crew wird sich vorstellen und wir legen los. Schon von Beginn an die allerwichtigste Sache auf der Strasse – wie soll ich reagieren, wenn ein Unfall passiert? Wie kann ich helfen? Wir üben, wir werden von Feuerwehrmännern Beat und Richu angewiesen, wir tauschen uns aus, wir lassen uns Vieles erklären.Die Pause ist da, die Schulung vergeht wie im Flug. Bisschen austauschen, plaudern, denn danach geht es wieder zügig los – die Ausnahmetransporte. Unsere Branche beinhaltet viele Gesetze und Verordnungen. Dies gilt aber nicht nur für Transport, sondern für das gewöhnlichen Verkehr auch. Darf ich mit dem PW und Anhänger mit dem Boot durch Gotthard? Oder brauche ich eine Bewilligung? Wie fährt man mit Ausnahmetransport mit 200 Tonnen durch den Tunnel? Das Büro mit 11 Angestellten hat Hände voll zu tun – zwischen 120 – 150 Anfragen pro Tag kommen. Als Transportunternehmen sind wir an deren Anweisungen und Vorschriften sehr angewiesen. Wer möchte irgendwo stecken bleiben? Das wünscht sich niemand. Der Regen im Kanton Uri will nicht aufhören, der Vormittag ist vorbei, die Zeit zum Mittagessen ist da. In Andermatt im Sportzentrum werden wir gut versorgt und teilen uns die Erfahrungen aus dem Unterricht. Beim Kaffeekranz wird weiter gut gelaunt und fachlich gesprochen. Die Dozentin Maria, die soeben den heutigen Ausflug organisiert, ist auch Fahrerin – im Personentransport. Sie hat die Europa mit Car durchquert und viele Ausbildungen mit Car – Chauffeuren absolviert. Gerade für sie ist diese Ausbildung sehr wichtig – wie bringe ich in einem Tunnel die Fahrgäste in Sicherheit?Nachmittag werden wir den Werkhof erforschen, ich freue mich schon. In kurzer Reportage wird uns der Tunnel vorgestellt. Im 1970, als die Bau begann, war er der längste der Welt gewesen und über 700 Arbeiter haben hier gearbeitet. Der Tunnel ist permanent bewacht, 7 Tage die Woche, 24 Stunden im Tag und 365 Tagen im Jahr. Ausgestattet mit 85 Kameras, 14 000 Leuchten und einem Termoportal vor dem Tunnel – das ist sehr wichtig bei LKW‘s, denn die Luft im Tunnel ist 20 C höher als draussen und technische Probleme könnten fatale Folgen haben.Wir werden noch mal einen Unfall simulieren. Mit Hilfe von Bernhard und Peter lernen wir, die Menschen aus dem Auto zu befreien, wie sollen wir einen aus dem Auto raustragen? Nicht immer sind solche Rettungen einfach, aber wir lächeln und haben unseren Spass.Wir lernen eine andere Situation – Kollision und ein verletzter Motorradfahrer. Ich helfe mit – wie muss ich eine Helm ausziehen, ohne anderen zu verletzen. Dazu kommen weitere Instruktionen – eigene Sicherheit bei Unfall, das Apothekekästchen im Auto, welche Telefonnummer muss ich auswählen, um Hilfe zu bekommen? Wir werden den Werkhof mit Marcel besichtigen. Das Büro für Ausnahmetransporte und die permanente Überwachung habe ich schon erwähnt. Die moderne Technik ist nicht mehr wegzudenken und erspart viel Arbeit. Wie sieht es aber aus, wenn kein Notfall vorliegt? Die Regeln für die Feuerwehrmänner sind trotzdem sehr streng. In der Zeit, wo kein Einsatz stattfindet, werden kleine Arbeiten für Bund erledigt. Eine Art Arbeit, die man liegen lassen kann, wenn Alarm geht. Wir schauen uns die Aufenthaltszimmer an – wie Marcel sagt, hier haben sie das Glück, separate Zimmer zu beziehen. Zu ihrer Pflichten in der Arbeit gehört sogar die Sporttätigkeit, denn sie werden jedes Jahr einem Belastungstest unterzogen. Egal welche Beschäftigung oder Erholung – falls der Alarm losgeht, müssen sie innerhalb 2 Minuten bereit sein, um auszurücken. Unsere Besichtigung geht weiter – die Zuluft – und Abluftventilatoren. Sie kümmern sich um die Abgasreinigung aus dem Tunnel. Noch ein kleines Museum – das Stück war einmal das Licht vom LKW. Nach dem Brand blieb nicht viel übrig. Durch die Stolle gelangen wir zum Schutzraum und direkt in Tunnel Gotthard. Heute ist sehr ruhig, hier und da fahren Autos. Die Saison ist natürlich in der Sommerferien und bei verlängerten Wochenenden, wenn viele die Sonne im Tessin geniessen wollen. Im Schutzraum versichert uns Marcel, dass wir in absoluter Sicherheit sind, alles wird überwacht, durch Lautsprecher können weitere Anweisungen angeordnet werden.Marcel erklärt uns weitere Schutzmöglichkeiten im Tunnel – wohin kann man den Kopf stecken, wenn man nicht mehr vor dem Rauch fliehen kann. Wir hören schon gespannt zu, weil Tunnels nie zu unterschätzen sind. Nach dem Rundgang übernimmt Bernhard. Was wäre ein Feuerwehr ohne seine Spielzeuge gewesen? Stolz präsentiert uns Bernhard die Fahrzeuge. Mein kleines, zynisches Ich ist begeistert – wie viel kostet den so ein Fahrzeug? Ein gutes Million Franken. Die Ausrüstung ist schlicht und einfach genial – für den Brand, Innenausstattung, Schläuche, Elektronik. Beim Alarm arbeitet man in Vierer – Gruppe von beiden Seiten des Tunnels, während der Fahrt wird schon die Schutzmaske angezogen, jede Sekunde zählt. Wie uns Bernhard vorzeigt, sind die Schläuche sehr schwer und müssen ausgelegt und montiert werden. Wir bewundern das Fahrzeug. Mein zynisches Ich meint leise: Die haben es noch schöner eingerichtet als ganzes Bauhaus! Das stimmt, alles hat seinen Platz, denn im Notfall muss man auf sicher gehen.Marcel zeigt uns einige Unfälle bei denen er mitgeholfen hat. Die Feuerwehr muss innerhalb zehn Minuten beim Unfall sein. Oft handelt sich nur um Pannenfahrzeuge – und die Mannschaft schleppt sie ab. Das schwerste Ereignis passierte am 24.10.2001 als bei einem Zusammenstoss zweier LKW’s zu einer Brandkatastrophe kam und 11 Menschen starben. Noch die praktische Demonstration – das Fahrzeug bei der Arbeit. Ein richtiger Wasserfall, so wird im Tunnel gegen dem Brand gekämpft.Unsere Ausbildung neigt sich zu Ende. Ein letztes Foto bevor ich gehe – die Schutzpatronin des Gotthardtunnels – die St. Barbara – sie beschützt alle Berg- und Feuerwehrleute.Ein Hauch der Dunkelheit bedeckt den Kanton Uri, die Zeit ist da, sich zu verabschieden. Ein unvergesslicher Tag in meinem Beruf ist vorbei.Am Abend im Bettchen fragt mich mein zynisches Ich: Das war heute ein wunderbarer Tag, nicht wahr? Das war es und jetzt wissen wir, dass wir bei der Fahrt durch Gotthard beschützt werden. Mein zynisches Ich schläft schon und mir gehen durch den Kopf die unvergesslichen Details.Die Garderobe wie aus dem Kinofilm.Die Werkzeuge, die sauber gehalten und zum Ausrücken parat warten.Die Namen der Feuerwehr…Und die 16 942 Meter, die ich unfallfrei fahren durfte…Der heutiger Tag und nicht nur der ist gewidmet den Schutzengeln vom Gotthard – den Leuten, die sich um unsere Sicherheit im Strassenverkehr kümmern, damit wir sicher an unseres Ziel kommen.

…DENN IHR MACHT DIE WELT BESONDERS, INDEM IHR EINFACH DA SEID…

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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